Das späte Glück als Spielervater eröffnet Stephan Groß auch im Rentenalter noch neue Welten. In der vergangenen Woche flog der Mannheimer mit seinem alten Kumpel Mike Schüssler zum ersten Mal in seinem Leben in die Vereinigten Staaten, wo sein Sohn Pascal Groß mit der deutschen Fußball-Nationalmannschaft gegen die USA (3:1) und Mexiko (2:2) spielte. Nach seiner Rückkehr am Donnerstag geht es direkt weiter in den Urlaub nach Zypern, ein bisschen Sonne tanken mit Ehefrau Constanze.
Stephan Groß, Spitzname Steps, genießt seinen 70. Geburtstag am Montag auf der Mittelmeer-Insel statt im heimischen Neckarau. Eigentlich habe er diesmal überhaupt nicht groß feiern wollen, erzählt der Ex-Profi und Trainer beim Treffen in einem Restaurant in der Nähe des Strandbads. Aber dann ließ sich Groß doch breitschlagen. Am 4. November kommen 100 Freunde, Verwandte und Weggefährten aus seiner langen Fußball-Karriere zur Geburtstagsnachfeier in eine Event-Location auf der Rheinau. Aus seinen Profitagen beim Karlsruher SC Anfang der 80er Jahre haben sich Rudi Wimmer, Edmond „Ede“ Becker und Reinhold Fanz angekündigt.
„Ich bin ein sehr zufriedener, glücklicher Mensch“, sagt Groß wenige Tage vor seinem runden Geburtstag. Im Mannheimer Fußball ist der Neckarauer ein Mann, den fast jeder kennt. Weil er in vielen großen Vereinen zu unterschiedlichen Zeiten seine Spuren hinterlassen hat. Natürlich beim VfR („Ich bin eigentlich ein VfRler“), wo Groß aus der Jugend den Sprung in den Seniorenbereich schaffte - und 2013 noch einmal kurz als Trainer in der Oberliga arbeitete.
Beim SV Waldhof ist er nicht nur regelmäßiger Stadiongast, sondern leitete zwischen 2007 und 2012 auch das Jugendförderzentrum am Alsenweg. Und dann natürlich der VfL Neckarau, der 2011 mit dem VfB Kurpfalz zum VfL Kurpfalz Neckarau fusionierte. Beim Club aus seinem Heimatstadtteil formte Groß kurz nach der Jahrtausendwende als Jugendtrainer nicht nur seinen Sohn Pascal mit, sondern ebnete insgesamt sieben Talenten den Weg in die Nachwuchsakademie der TSG Hoffenheim und danach teilweise in den Profifußball. Die legendären „Sieben aus Neckarau“, zu denen neben Pascal Groß noch Manuel Gulde (zurzeit beim SC Freiburg), Marco Terrazzino, Marcel Gruber, Anthony Loviso, Philipp Meyer und Robin Szarka gehörten. „Wir haben jedes Spiel gewonnen und wären fast in die Bundesliga aufgestiegen“, erzählt Groß.
Sein Sohn hat es nach vielen erfolgreichen Jahren in der englischen Premier League bei Brighton Hove & Albion als Spätzünder mit 32 Jahren sogar zum Nationalspieler geschafft. „Mein Vater hat uns allen sehr viel beigebracht“, hat Pascal Groß einmal gesagt. „Damit meine ich nicht nur auf dem Platz, sondern auch neben dem Platz. Ich habe ihm sehr, sehr viel zu verdanken.“ Vater und Sohn verbindet eine enge Beziehung. Stephan Groß ist für Pascal Papa, fußballerischer Ratgeber und väterlicher Freund in einer Person.
Wir telefonieren jeden Tag miteinander und er kann mit mir über alles reden. Er sagt immer: Wenn er mich nicht gehabt hätte, hätte er es nicht so weit gebracht. Bei seiner Hochzeit hat er gesagt: ,Papa, du hast mich zu einem besseren Menschen gemacht’“, sagt Stephan Groß. Der riesige Stolz darüber, dass es sein Sohn in dem Sport, den er so liebt, bis an die Spitze geschafft hat, ist bei diesen Sätzen zu spüren. Steps Groß wirkt emotional, angefasst.
„Das größte Geschenk zum Geburtstag hat mir Pascal schon gemacht. Dass er ein so guter Fußballer geworden ist und als i-Tüpfelchen jetzt auch noch in der Nationalmannschaft spielt - mehr kann ich nicht geschenkt bekommen“, sagt er. Dass Pascal aufgrund des engen Terminkalenders in der Premier League nicht zu seiner Geburtstagsfeier im November auf der Rheinau kommen kann, sei deshalb nur ein kleiner Wermutstropfen.
Wer Stephan Groß kennt, diesen bodenständigen, lebenslustigen Mannheimer mit dem Herz am rechten Fleck, darf davon ausgehen, dass es auf seiner Party zum 70sten sehr amüsant zugehen wird. Dann werden sicher auch wieder einige alte Erinnerungen aufgefrischt. Zum Beispiel, wie er als junger Kerl mit 24 Jahren beim Karlsruher SC 1978 zum Profi wurde und bis 1986 in 257 Spielen für die Badener in der 1. und 2. Liga bis 1986 57 Tore erzielte. „Heutzutage würde würde man meine Position wahrscheinlich als Sechser oder Achter bezeichnen“, sagt Groß. „Ich war ein ordentlicher Defensivspieler, taktisch gut, aber nicht der Schnellste. Dafür hatte ich ein gutes Stellungsspiel und war für meine Position ziemlich torgefährlich.“
Das klingt schon danach, als habe Pascal Groß bei seiner großen Karriere neben all dem Fleiß und harter Arbeit auch ein wenig von den Genen des Papas profitiert. Apropos: Nach dem runden Geburtstag steht noch im November ein weiterer großer Tag in der Familie Groß an, wenn Pascal zum zweiten Mal Vater und Steps zum vierten Mal Opa werden soll.
Dann wird Stephan Groß wie so oft in den vergangenen Jahren auf die Insel fliegen. Er mag das Reisen, hat die Schönheiten der englischen Südküste um Brighton zu schätzen gelernt. Aber der bald 70-Jährige weiß auch sehr genau, was er an seiner Heimat in der Kurpfalz hat. „Ich habe in all den Jahren nie darüber nachgedacht, aus Mannheim und speziell aus Neckarau wegzuziehen. Hier bin ich zuhause.“
Text: Mannheimer Morgen, Bild: Stephan Groß privat